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In unserer Beitragsserie „Kita hat System“ beantworten wir Elternfragen zum Kita-Alltag. Und geben Beispiele, wie die Arbeit in den Einrichtungen von den jeweiligen Rahmenbedingungen beeinflusst wird. Dafür nehmen wir die Perspektive der jeweiligen Akteure im System ein.

Worüber sich Eltern bei den Kommunen beschweren, was eine Kita-Gebührenbefreiung für Kinder und Eltern bedeutet und was Arbeitgeber für sie tun könnten, erläutert Miriam Zeleke in einem Interview. Sie ist Fachdienstleiterin Frühe Bildung und Familien im hessischen Weiterstadt.

Frau Zeleke, was ist Ihre Rolle im so-genannten Kita-System?

Als Kommune finanzieren wir die Kitas in freier Trägerschaft mit. In meiner Rolle als Fachdienstleiterin Frühe Bildung und Familien bin ich für alle Kindertagesstätten in Weiterstadt zuständig. Das sind momentan 10 kommunale Einrichtungen und vier in freier Trägerschaft.

Haben Sie täglich Kontakt zu Eltern?

Die Stadt veranstaltet regelmäßig Workshops mit Elternbeiräten oder anderen engagierten Eltern. Zusätzlich beraten wir Eltern telefonisch und in Sprechstunden bei uns vor Ort. Mütter und Väter kommen vor allem dann auf uns zu, wenn etwas nicht so gut läuft und sie sich beschweren wollen.

Oft kann ein Gespräch die Wogen glätten

Was beschäftigt die Kita-Eltern?

Miriam Zeleke

Viele stören sich daran, wenn etwas im Kita-Alltag nicht nach Plan läuft. Etwa, weil es gerade Veränderungen in der Gruppe gibt. Oder etwas umgebaut wird und die Kinder in provisorischen Räumen untergebracht sind. Manchmal geht es aber auch um Dinge wie die Hygiene in den Einrichtungen, die Personalsituation oder andere Kinder und deren Eltern.

Wie gehen Sie mit solchen Beschwerden um?

Wir nutzen den direkten Kontakt am Telefon und in Sprechstunden, um ihnen die Zusammenhänge zu erklären. Meistens sind die Wogen dann schon wieder geglättet. Manchmal fragen wir die Eltern auch, wie es ihren Kindern mit dieser Situation ergeht. Dabei kommt heraus, dass die Kinder oft weniger Probleme damit haben, als ihre Eltern. Während sich Mütter und Väter also beispielsweise über eine Baustelle in der Kita beschweren, finden ihre Kinder das eigentlich ganz spannend.

Kind im Konflikt, wenn Mama die Lieblingserzieherin nicht mag

Was wünschen Sie sich von den Eltern?

Sie sollten versuchen, das Kita-System in seiner Differenziertheit wahrzunehmen und Vorgänge zu respektieren. Oft hilft es, mehr zu fragen, statt vorschnell Urteile zu fällen. Insbesondere wenn es Dinge sind, die nicht die eigenen Kinder betreffen. Das hilft auch bei der Gewinnung von gutem Personal. Eltern sind letztendlich auch verantwortlich dafür, dass die Arbeit der Einrichtungen ein gutes Image in der Gesellschaft hat. Manchmal kommen auch Kinder in große Konflikte, wenn sie merken, dass ihre Eltern zum Beispiel eine Erzieherin nicht mögen, die sie selbst sehr schätzen. Oder die Mama schlecht über die Kita redet, obwohl sie selbst gerne dorthin gehen. Etwas anderes ist es natürlich, wenn ein Kind tatsächlich nicht gerne in die Kita geht.

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In ihrem Bundesland Hessen sind die Kitas seit August 2018 in der Kernzeit von den Gebühren befreit. Wie profitieren die Eltern davon?

Für bedürftige, zugewanderte oder studierende Eltern hat sich nicht viel geändert, für sie hat unser Landkreis schon vorher die Gebühren übernommen. Für uns war die Gebührenbefreiung aber ein Anlass, auch für die Randzeiten – also alles, was über die sechs Stunden Kernzeit hinaus geht – ein weiteres Gebührenmodell einzufügen, um das Mittagsband zu entlasten.

Befreiung von Kita-Gebühren hat auch Nachteile

Was bedeutet die Gebührenbefreiung für die Kitas?

Die Einrichtungen stoßen dadurch immer mehr an ihre Grenzen. Denn jetzt beanspruchen auch Eltern, deren Kinder bisher nur halbtags in der Kita waren, eine Ganztagsbetreuung. Darauf sind die Kitas weder baulich noch personell eingestellt. Auch die Betreuungszeiten über das Mittagsband hinaus werden nun stärker genutzt: Die Kinder werden am Morgen früher gebracht, sodass wir unsere Abläufe im Alltag überprüfen müssen.

Bekommen auch die Kinder etwas davon mit?

Ich habe das Gefühl, dass die Kinder noch nicht wirklich von der Gebührenbefreiung profitieren. Im Gegenteil: Viele Eltern arbeiten jetzt noch länger, weil sie ihre Kinder länger betreuen lassen können. Natürlich ist es gut, wenn Kita für alle kostenlos ist, aber man muss Eltern ja nicht zwingend nur über die Kita-Gebühren entlasten. Eine gute Work-Life-Balance wäre vielen Familien wichtiger.

Kind krank: Arbeitgeber stärker in die Pflicht nehmen

Welche Alternativen gibt es, Kita-Eltern zu entlasten?

Es wäre beispielsweise gerecht, wenn Eltern, die Teilzeit arbeiten und dafür mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, keine finanziellen Einbußen hätten. Da müsste man beispielsweise im Arbeitsrecht nachjustieren. Auch könnten Unternehmer mehr Verständnis für Eltern zeigen, etwa wenn die Kinder krank sind. Zu viele Eltern bringen ihr krankes Kind in die Kita, weil sie Druck seitens des Arbeitgebers spüren. Wir verfassen regelmäßig Briefe, in denen wir Arbeitgebern die Situation in den Kitas und Familien schildern und sie um Verständnis bitten, wenn Eltern mit kranken Kindern zuhause bleiben müssen.

Sollten Arbeitgeber zur Finanzierung von Kitas beitragen?

Es wäre ein wichtiger Ansatz. Schließlich profitieren Unternehmer davon, wenn Kinder lange und gut betreut sind und die Eltern deshalb länger arbeiten können. Alle Akteure in unserer Gesellschaft – von den Eltern und Fachkräften über die öffentliche Hand bis hin zur freien Wirtschaft – sollten gemeinsam dazu beitragen, dass es unseren Kindern in der Kita gut geht.

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