3 × drei =

fünfzehn − 10 =

Welche Kita passt am besten zu uns und unserem Kind? Bei der Wahl der Betreuungseinrichtung spielt die pädagogische Ausrichtung eine wichtige Rolle für Eltern. Hier den Überblick zu bewahren, ist gar nicht so einfach. Denn es existieren zahlreiche gute pädagogische Ansätze für die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in Kitas.

In unserer Beitragsserie stellen wir die Besonderheiten der verschiedenen Betreuungskonzepte vor und zeigen anhand eines praktischen Beispiels, wie Kinder und Eltern im Kita-Alltag von der jeweiligen pädagogischen Ausrichtung profitieren.

Teil 5 der Serie: Montessori-Pädagogik

“Hilf mir, es selbst zu tun“

Das pädagogische Konzept nach Montessori geht zurück auf die gleichnamige Begründerin Maria Montessori. Die italienische Ärztin entwickelte die Montessori-Pädagogik bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts und erfand schon damals auch Spielmaterialien, die inzwischen ein fester Bestandteil der Pädagogik sind.

Hilf mir, es selbst zu tun. Dieser Satz, der auch als Leitsatz der Pädagogik nach Maria Montessori verstanden werden kann, macht bereits deutlich, um was es in erster Linie in diesem pädagogischen Konzept geht: Kinder werden als selbstständige Individuen gesehen, die bereits alles mitbringen, was sie brauchen und dort Unterstützung erhalten, wo sie sie benötigen. Die Rolle der Erzieher und Erzieherinnen in einer Kita, die nach der Montessori-Pädagogik arbeitet, ist also die des Begleiters beziehungsweise der Begleiterin. Außerdem spielen die verschiedenen Entwicklungsphasen, die in der Montessori-Pädagogik sensible Phasen heißen, eine große Rolle. In diesen Phasen gibt es Fenster, die sich öffnen, was für die Fachkräfte beobachtbar ist und worauf sie ganz individuell reagieren. In einer Montessori-Einrichtung findet man außerdem die sogenannte vorbereitete Umgebung vor, in der sich Materialien aus unterschiedlichen Bereichen wie zum Beispiel Alltag, Mathematik und Sprache befinden. Die Kinder können hier frei wählen, womit sie sich wann beschäftigen wollen.

Montessori-Pädagogik in Bildern

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3 Fragen an eine Kita, die nach der Pädagogik nach Maria Montessori arbeitet

Montessori Kinderhaus Bienennest, Berlin

Das Montessori Kinderhaus Bienennest in Berlin wurde 2019 für den Deutschen Kita-Preis nominiert und verfolgt seit seiner Gründung im Jahr 2014  die Pädagogik nach Maria Montessori – was sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen in der Kita bereichert und inspiriert. Wie genau die Montessori-Pädagogik hier im Alltag gelebt wird, was es mit den vielen spezifischen Montessori-Materialien auf sich hat und wie es in einer Montessori-Kita aussieht – davon berichtet Sabine Schreiber, Leiterin und Trägerin des Kinderhaus Bienennest in Berlin-Adlershof.

Warum haben Sie bzw. Ihre Einrichtung sich für genau dieses Konzept entschieden? Was sind Ihrer Meinung nach die besonderen Stärken dieses Ansatzes?

Ich habe schon lange, noch bevor ich mich auch fachlich konkret mit Montessori beschäftigt habe, unbewusst nach Montessori gearbeitet. Einfach deshalb, weil die Selbständigkeitserziehung als zentraler Bestandteil der Pädagogik nach Montessori, für mich schon immer wichtig und etwas ganz Tolles war. Ich habe nach meiner Erzieherin-Ausbildung und einem Studium auch noch eine Montessori-Ausbildung abgeschlossen und so hat es sich ergeben, hier im Kinderhaus Bienennest nach der Montessori-Pädagogik zu arbeiten. Zwei weitere Kolleginnen verfügen über ein entsprechendes Montessori-Diplom, die anderen Teammitglieder und -mitgliederinnen werden intern fortgebildet. Und werden demnächst mit dem Diplom beginnen. Das Besondere an der Montessori-Pädagogik ist das Bild vom Kind, das hier als selbstbewusstes Individuum mit eigenem inneren “Bauplan” angesehen wird, dem es ganz natürlich selbst, in seinem eigenen Tempo, folgt. Hier wird schon deutlich, dass wir als Außenstehende in diesen Bauplan nicht eingreifen oder diesen verändern wollen, sondern unsere Rolle als Pädagogen und Pädagoginnen darin sehen, viel zu beobachten und Unterstützung anzubieten. Die Montessori-Pädagogik geht sehr stark vom Kind und weniger von den Erwachsenen aus. Außerdem arbeiten wir mit altersheterogenen Gruppen, was sich auch positiv auf die Sozialkompetenz der Kinder auswirkt.

Wodurch hebt sich die Pädagogik nach Maria Montessori Ihrer Meinung nach von anderen pädagogischen Konzepten ab?

Der bereits erwähnte hohe Grad an Partizipation der Kinder ist sicherlich ein bedeutsamer Bestandteil in der Montessori-Pädagogik. Wir arbeiten beispielsweise mit den so genannten vorbereiteten Umgebungen , diese umfassen die Bereiche Sprache, Mathematik, Sinnesmaterialien, Kosmischen Bereich und praktische Lebensübungen. Die Materialien sind nach Schwierigkeitsgraden in Regalen vorbereitet zu finden und haben einen starken Aufforderungscharakter. Die Kinder können frei wählen, aber auch die Ordnung halten. in denen verschiedene Lebens- und Lernbereiche zu finden sind: Von Sprache über Mathematik bis hin zu Kunst und alltäglichen Dingen. In diesen Bereichen finden die Kinder verschiedene Materialien vor, aus denen sie selbst nach ihren Vorlieben und gegenwärtigen Bedürfnissen wählen können, wann und womit sie sich beschäftigen wollen. Das ist beispielsweise in der offenen Arbeit ähnlich. Der Unterschied zu Montessori ist jedoch, dass die Kinder hier nicht einfach nur Spielzeug vorfinden, sondern die Materialien immer einen Sinn haben bzw. über mehrere Funktionen verfügen und die Entwicklung der Kinder sowie ihre Selbst-, Lern- und Sozialkompetenzen unterstützen.

Wir leben die Montessori-Pädagogik hier jedoch nicht dogmatisch – wir sind offen und es gibt in unserer pädagogischen Arbeit natürlich auch viele andere Einflüsse.

Wie leben Sie das Konzept der Montessori-Pädagogik im Kita-Alltag? Können Sie hierzu konkrete, anschauliche Beispiele geben?

Allgemein kann man sagen, dass es bei uns ein wenig wie in einer Großfamilie zugeht – die Großen unterstützen die Kleinen, die Kleinen orientieren sich an den Großen, es wird viel zusammen gelacht, gespielt, voneinander gelernt und natürlich gibt es manchmal auch Streit.

Ein Beispiel sind die bereits erwähnten Montessori-Materialien:

Es gibt zum Beispiel den „Rosa Turm“, der ganz oben einen Kubus von 10 x 10x 10 cm hat – dieses Dezimalsystem findet sich übrigens in fast allen Montessori-Materialien wieder – dieser Turm wird immer einen Zentimeter kleiner, bis zum Schluss nur noch ein kleiner Würfel übrig ist. Dieser Turm sieht zwar zunächst geometrisch aus, es steckt aber in dem Turm – wie in allen Materialien – viel mehr. Normalerweise lassen wir die Kinder, aber auch neue Kollegen und Kolleginnen die Materialien auch erst einmal ausprobieren und fragen: Was kann man denn damit machen? Kinder haben einen sehr starken Ordnungssinn und normalerweise sortieren die Kinder dann erstmal die Würfel nach Größe. Im Morgenkreis, der bei uns mittags stattfindet, haben wir letztens ein Spiel mit dem Turm gemacht, wo wir darüber gesprochen haben, wie groß die Würfel sind – dass es einen ganz großen und einen ganz kleinen Würfel gibt und der eine größer als der andere ist. Und dann lässt sich das auch in die Umgebung übertragen: Wir haben dann zum Beispiel gemeinsam geschaut, wo wir hier in der Kita und draußen andere Dinge haben, die eine Würfelform haben, zum Beispiel ist den Kindern dann aufgefallen, dass das auf die Häuser rund um unsere Kita herum zutrifft. Zum Schluss unseres Spiels haben die Kinder sich selbst der Größe nach „geordnet“ und der Reihe nach von groß nach klein aufgestellt. Ich denke, das Beispiel illustriert das Besondere und die Vielfältigkeit der Montessori-Materialien sehr gut.

Im Alltagsbereich, der bei Montessori „praktische Lebensübung“ genannt wird, gibt es zum Beispiel die Gießübungen: Auf einem Tablett stehen Keramikkännchen und ein kleiner Lappen. Ich mache den Kindern, ohne dabei zu sprechen, die Übung vor und gieße Wasser von einem Kännchen ins andere. Die Kinder machen es anschließend nach – so lange wie sie möchten und wenden sich dann, wenn sie mögen, anderen Angeboten zu. Ähnliche Materialien, nämlich Glaskaraffen und Porzellantassen finden die Kinder auch im Frühstücksraum wieder und so passiert es oft, dass einige Kinder morgens schon einmal den Tisch decken und sich und den anderen Kindern Wasser eingießen. Natürlich geht hier auch oft einmal etwas daneben oder kaputt – aber das alles gehört dazu und die Selbständigkeit macht die Kinder stolz und selbstbewusst. Apropos Frühstück: Nicht alle Kinder frühstücken in der Kita und die, die frühstücken, tun das auch nicht alle zur gleichen Zeit. Wir decken morgens, oftmals gemeinsam mit den Kindern, zwei Tische ein. Es gibt hier eine Kinderküche, die auf die Größe der Kinder angepasst ist und es ihnen ermöglicht, selbstständig an Teller, Tassen und Wasserhahn zu gelangen. Und so ist es für die Kinder ganz normal, dass sie nach dem Frühstück ihre Tasse und ihren Teller selbst spülen und abtrocknen und ihn zurückstellen damit das nächste Kind wieder einen sauberen Teller vorfindet.

Montessori-Spielmaterialien

Ein zentraler Bestandteil der Montessori-Pädagogik sind die speziellen Spielmaterialien, die mehrere Funktionen haben und die pädagogische Arbeit unterstützen. Sie wecken die Neugier der Kinder und regen zum Lernen an. Typische Montessori-Spielmaterialien sind zum Beispiel:

  • Geometrische Formen
  • Farbtafeln
  • Buchstaben- und Zahlenkarten
  • Bausteine

All diese Materialien sind natürlich hergestellt und befinden sich in der Kita an einem festen, für die Kinder gut erreichbaren Platz. Die Montessori-Materialien sind so konzipiert, dass sie über eine integrierte Fehlerkontrolle verfügen – das Kind ist quasi nicht auf einen Hinweis von außen angewiesen, sondern merkt selbst bei der Beschäftigung mit den Materialien, wenn es einen Fehler gemacht hat und kann selbst verschiedene Möglichkeiten ausprobieren, diesen zu beheben.

Montessori-Materialien können auch selbst hergestellt werden. Viele Beispiele und kreativen Input findet man beispielsweise auf Pinterest. 

Pädagogische Konzepte unter der Lupe

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