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Mitten in Berlin, angrenzend an den Stadtteil Mitte, liegt die südliche Friedrichstadt. Ja, die Friedrichstraße, Berlins glamouröser Shopping-Boulevard, beginnt hier. Nein, die Galeries Lafayette und all die anderen schillernden Kaufhäuser liegen nicht innerhalb des Quartiers. Jedoch gibt es hier: die Berlinische Galerie, das Jüdische Museum, das Tempodrom, ein charmantes Kiez-Theater – und auch das Kottbusser Tor und den Mehringplatz als Zentrum des Quartiers.

Allem voran gibt es in der Südlichen Friedrichstadt viele Kinder und Familien unterschiedlicher Herkunft, die hier wohnen, zur Arbeit gehen, Kita oder Schule besuchen. Familien, die hier leben, haben es nicht immer einfach. Sie können aber dank engagierter Akteure und Akteurinnen, die sich hier im Bildungsnetzwerk Südliche Friedrichstadt zusammengeschlossen haben, auf eine Vielzahl an Angeboten, die ihnen das Leben leichter machen, zurückgreifen. Diese haben einen unschlagbaren Vorteil: Sie finden mehr oder weniger direkt vor der eigenen Haustür statt.

Sozialraumorientierung – Was ist das eigentlich?

Der Sozialraum kann als das Umfeld verstanden werden, in dem sich ein Mensch alltäglich bewegt. Es umfasst alle beteiligten Personen, Institutionen und sonstige öffentliche Plätze/Stätten.
Sich am Sozialraum zu orientieren, ist eine der Qualitätsdimensionen des Deutschen Kita-Preises. Denn gute Qualität bezieht den Sozialraum der Kita ein. Kitas berücksichtigen ihren Sozialraum als Ressource in ihrer Arbeit und pflegen Beziehungen über die Kita hinaus. Die Kita bezieht die Lebenssituation von Kindern und Familien in die pädagogische Arbeit ein. Sie ist Teil der kommunalen Infrastruktur für Familien und Kinder und engagiert sich im Sozialraum. Außerdem vernetzt sie sich mit anderen sozialen Institutionen und Initiativen.

Sozialraumorientierung bezieht das gesamte Umfeld mit ein und führt zu Synergien zwischen den einzelnen Akteuren und Akteurinnen. (Grafik: Studio Good)

Die südliche Friedrichstadt mit dem Mehringplatz als Zentrum liegt mitten in Berlin.
Foto: DKJS / J. Erlenmeyer & N. Götz

So hat es sich das Bildungsnetzwerk Südliche Friedrichstadt zur Aufgabe gemacht, Kinder und Familien im Kiez zu unterstützen und sich vor Ort für mehr Bildungsgerechtigkeit einzusetzen. Familien haben hier kurze Wege und können auf eine Vielzahl praktischer Hilfen und Angebote zurückgreifen. Drei besondere Angebote für die Familien im Quartier stellen wir hier vor:

  • Stadtteilmütter und -väter stehen Familien zur Seite

Wer zum ersten Mal Eltern wird, hat tausend Fragen. Und auch Familien, deren Kinder bereits älter sind, haben oftmals Informationsbedarf, vor allem zu alltäglichen Themen wie Kita & Co. Die zertifizierten Stadtteilmütter (und ja, es gibt sie auch, wenn auch nicht viele: die Stadtteilväter) stehen hier ganz unbürokratisch mit Rat und Tat zur Seite. Sie kennen sich in der südlichen Friedrichstadt aus, haben gute Kontakte zu Kitas, Grundschulen, Familienzentren und Behörden. Vor allem haben sie immer ein offenes Ohr, um beispielsweise in Elterncafés den Familien auf Augenhöhe zu begegnen und bei Problemen und Bedarfen unkompliziert und schnell weiterzuhelfen. Stadtteilmütter und -väter sind beides: Expertinnen und Experten mit dem nötigen Wissen und guten Kontakten zu Einrichtungen in- und außerhalb des Netzwerks einerseits, ganz normale Eltern auf der anderen Seite.

Elterncafés als beliebter Ort zum Austausch (Foto: DKJS / J. Erlenmeyer & N. Götz).
  • Bildungswege gemeinsam gehen

Die südliche Friedrichstadt erstreckt sich vom Beginn der Friedrichstraße am Mehringplatz bis zum Kottbusser Tor – doch wer in diesem Kiez wohnt, für den sind oftmals die täglich zurück gelegten Wege die Grenzen des persönlichen Sozialraums: Der Weg von der Wohnung über die Kita zur Arbeit, mit einem kleinen Abstecher über den Spielplatz oder den Supermarkt auf dem Heimweg. Geht es dann einige Jahre später in die Grundschule, liegt diese eben nicht am anderen Ende des Quartiers, sondern innerhalb der Grenzen des Familien-Wirkungsradius. Die Grundschule ist auch nicht neu für die ABC-Schützen, sondern zum Beispiel durch Exkursionen bereits eine gute Bekannte. So werden etwaige Hürden überwunden und unkomplizierte Übergänge, die sich positiv auf den gesamten Bildungsweg des Kindes auswirken, ermöglicht. Hat ein Kind beispielsweise einen erhöhten Förderbedarf, gibt es Kooperationen zwischen den Kiez-Kitas und Schulen, die einen entsprechenden Förderschwerpunkt anbieten oder es wird ein Besuch in eigens eingerichteten Lern-Werkstätten angeboten. So sind die Eltern bei der Wahl von Kita, Grundschule & Co. nicht auf sich alleine gestellt, sondern können aus einer Vielzahl von Infoangeboten und Hilfen wählen.

  • Early Excellence wird einrichtungsübergreifend im gesamten Kiez gelebt

„Jedes Quartier ist exzellent“ ist der Leitspruch des Bildungsnetzwerks südliche Friedrichstadt. Und Early Excellence ist das pädagogische Dach aller Einrichtungen im Bündnis, das hier von der Kita über das Familienzentrum bis hin zu kulturellen Einrichtungen aktiv gelebt wird. Durch die Vernetzung der einzelnen Akteure wird viel möglich gemacht: Zum Beispiel wurde eine Stelle für Early Excellence beim Aufbau des Kindermuseums des Jüdischen Museums geschaffen. Somit kann der Early Excellence-Ansatz auch in Einrichtungen außerhalb von Kita und Grundschule implementiert werden.

Jedes Kind wird als einzigartige Persönlichkeit gesehen und bestmöglich gefördert
Foto: DKJS / J. Erlenmeyer & N. Götz
Early Excellence – Was ist das eigentlich?

Der Early Excellence-Ansatz hat seinen Ursprung in Großbritannien und zeichnet sich durch seinen konsequent positiven Blick auf das Kind, auf die Eltern und auf die Erziehenden aus. Es ist kein Elite-Begriff. Ganz im Gegenteil: jedes Kind wird als exzellente einzigartige Persönlichkeit mit ganz besonderen Potenzialen angesehen – der Early Excellence Ansatz verpflichtet sich, diese Potenziale zu erkennen und entsprechend zu fördern.

Für das große Engagement wurde das Netzwerk in diesem Jahr mit dem zweiten Platz in der Kategorie „Lokales Bündnis für frühe Bildung“ des Deutschen Kita-Preises ausgezeichnet: „Wir freuen uns sehr über die Wertschätzung unserer Arbeit, die mit diesem Preis ausgezeichnet wurde und durch ein Preisgeld von 10.000 Euro unterstützt wird. Es bestätigt uns, dass wir gemeinsam einen guten und gewinnbringenden Weg gewählt haben, der die Ressourcen und Stärken und nicht die Defizite in den Mittelpunkt der Zusammenarbeit stellt“, so Kerstin Wiehe, Prozessbegleiterin im Netzwerk.

Von zentraler Bedeutung ist die Offenheit des Netzwerks, wie Kerstin Wiehe deutlich macht: „Das Bildungsnetzwerk ist offen für alle interessierten Akteure aus der Region.“ Dazu gehören derzeit Kitas, Grundschulen und Oberschulen ebenso wie Familienzentren, Stadtteilmütter, Elternbegleiterinnen und Elternbegleiter Begegnungszentren und Mehrgenerationenhäuser, Museen, Kulturakteure und -akteurinnen, das Jugend- und Gesundheitsamt, Quartiersmanagement, Jugendeinrichtungen, freie Träger wie z.B. die Globale e.V. und übergeordnete Träger wie Kinderwelten, die Heinz und Heide Dürr Stiftung. Trägervertreter sind ebenso eingeladen wie die Pädagogen und Pädagoginnen sowie Kolleginnen und Kollegen aus den einzelnen Einrichtungen. „Die Zusammensetzung variiert und ist abhängig von den jeweiligen Schwerpunktthemen, die wir bearbeiten. Seit mehreren Jahren ist das die frühe Bildung. Für uns bedeutet ein interdisziplinärer Blick Bereicherung der eigenen Perspektive und der eigenen Arbeit. Gemeinsam lernen zu können ist ein Gewinn für alle Beteiligten.“

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