drei × fünf =

fünf × zwei =

Wie profitieren Kinder und Eltern von verschiedenen Berufsbildern, also von einem multiprofessionellen Team in der Kita?

Wir haben Dr. Christa Preissing gefragt. Sie ist Direktorin des Berliner Kita-Instituts für Qualitätsentwicklung (BeKi) und Präsidentin der Internationale Akademie Berlin gGmbH (INA).

 

Was ist ein multiprofessionelles Team eigentlich genau?

Etwa drei Viertel der Kita-Fachkräfte sind staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher. Dazu kommen Kinderpflegerinnen, Facherzieherinnen, Heilpädagoginnen, therapeutische Fachkräfte, Sozialassistentinnen. All diese Pädagogik-nahen Berufe umfasst die klassische Definition von multiprofessionellen Teams. Der erweiterte Begriff schließt auch die nicht-pädagogischen Berufe mit ein, also beispielsweise Biologen, Förster, Leute aus technischen und handwerklichen Berufen oder mit einer hauswirtschaftlichen Ausbildung. Diese werden immer häufiger als zusätzliche Fachkräfte in Kita-Teams integriert. Wir sprechen hier also von dem erweiterten Begriff des multiprofessionellen Teams.

Kinder lernen Alltagstätigkeiten kennen, die sie zuhause immer seltener erleben

Was hat mein Kind davon, wenn sich mehr Professionen als „nur“ Erzieherinnen und Erzieher um es kümmern?

Kinder erleben durch zusätzliche Fachkräfte ein breiteres Spektrum an Spiel- und Lernangeboten in der Kita. Sie erhalten Zugang zu Bildungsbereichen, die in den recht frauendominierten Einrichtungen manchmal etwas zu kurz kommen, etwa das Werken mit Holz oder der Umgang mit richtigem Werkzeug. Es ist bereichernd für die Kleinen, einen kompetenten Ansprechpartner für verschiedene Themenbereiche zu haben und gleichzeitig von Anfang an zu lernen, mit unterschiedlichen Charakteren und Arbeitsweisen umzugehen. Unsere Welt wird immer bunter und vielfältiger – daher ist es gut, wenn die Vielfalt mit in die pädagogischen Institutionen hineingenommen wird.

Dr. Christa Preissing über die Vorteile und Herausforderungen von multiprofessionellen Teams. (© BeKi)

 

Reicht das, was die Kleinen außerhalb der Kita erleben, etwa nicht aus?

Die Kinder sind immer jünger, wenn sie in die Kita gehen und bleiben oft bis nachmittags dort. Sie verbringen einen großen Teil ihrer Kindheit in pädagogisch gestalteten Räumen, in Institutionen – das geht ja weiter bis in die Schulzeit. Das bedeutet wiederum, dass sie immer seltener zuhause sind, wo sie Alltagstätigkeiten wie Kochen, Waschen oder Putzen mitbekommen. Aus demselben Grund sind auch neue Begegnungen mit Erwachsenen aus der Nachbarschaft, die keine Pädagogen sind, aber bestimmte Kompetenzen mitbringen, tendenziell ausgeschlossen. Ich denke da beispielsweise an handwerkliche, hauswirtschaftliche oder künstlerische Berufe.

Alternative Bezugspersonen für Kinder und Eltern

Ist die Beziehung der Kinder zu diesen Fachkräften anders, als zu Erzieherinnen und Erziehern?

Manche Fachkräfte können vielleicht besser Grenzen ziehen, als Erzieher, sie sagen schneller „das geht jetzt nicht“ oder „bitte Finger weg“. Andersherum haben sie auch einen gewissen Sonderstatus, weil die Jungen und Mädchen gemeinsam mit ihnen besondere Momente erleben können. Das wurde in einer Studie der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung schön beschrieben: Kinder lieben es, wenn sie zum Beispiel in der Küche mithelfen dürfen und auf diese Weise Ausnahmen von der Regel erfahren.

Ich denke auch, dass die Beziehungen zu diesen Fachkräften mehr über die Sache selbst funktionieren, während Pädagogen eher über die Beziehungsebene an Kinder herantreten. Das ist praktisch, denn so haben die Kleinen alternative Ansprechpartner in der Kita.

 

Was von alledem bekommen die Eltern überhaupt mit?

Die Eltern bekommen – wie eigentlich bei allem in der Kita – immer nur kleine Ausschnitte von dem mit, was ihre Kinder erleben. Viele der Fachkräfte dokumentieren aber, was sie mit den Kindern machen, hängen Plakate und Fotos von bestimmten Aktionen auf und informieren so die Eltern. Wie bei den Kindern bietet das multiprofessionelle Team auch neue Chancen für die Kommunikation mit den Eltern: Denn auch Erwachsene finden manchmal leichter Zugang zu Menschen, die andere Sprachen, Hintergründe und Lebenserfahrungen mitbringen, als rein pädagogische Fachkräfte.

Ein multiprofessionelles Team aus Kindersicht: Wer arbeitet in eurer Kita?

Ein multiprofessionelle Team – beschrieben von Mädchen und Jungen einer Kita.

Erraten Sie anhand der Kinderzitate, um welche Fachkraft es sich handelt? Hier geht’s zu den Kinderstimmen.

Bereicherung für das Kita-Team – vorausgesetzt, die pädagogische Grundhaltung stimmt

Die Anforderungen an ­frühpädagogische Fachkräfte sind hoch. Brauchen Köche, Gärtner oder Künstler dann nicht eine Zusatzausbildung für die Arbeit mit kleinen Kindern?

Was alle im Team brauchen, ist die pädagogische Grundhaltung: Wertschätzung und Zutrauen gegenüber Kindern und Familien, die Bereitschaft, die Kinder zu begleiten und deren Eigeninitiative herauszufordern. Diese Grundprinzipien bringen Menschen von extern vielleicht nicht immer mit, wenn sie bisher noch nicht mit Kindern gearbeitet und keine pädagogische Ausbildung haben. Generell sollte diese Eignung schon im Vorfeld, also bei der Einstellung, geprüft werden. Dazu ist es wichtig, dass die Fachkräfte viel Input und Begleitung erhalten. Nach unserem Erfahrungs- und Wissensstand geht das gut über so-genannte Inhouse-Schulungen, wo das gesamte Team gemeinsam an einem Thema arbeitet. Eine weitere Möglichkeit ist, nicht-pädagogischen Fachkräften jeweils eine Mentorin oder einen Mentor aus dem pädagogischen Kernteam zur Seite zu stellen.

 

Wie sieht das ideale, multiprofessionelle Team aus?

Ein Kernteam aus gut ausgebildeten pädagogischen Fachkräften sollte die Basis in jeder Kita sein. Dann können sehr unterschiedliche Menschen zusätzlich in das Team integriert werden. Wichtig ist es, dass sich das gesamte Team auf einen gemeinsamen roten Faden, eine pädagogische Grundhaltung und gemeinsame Werte verständigt. Weil nicht alle von vornherein die gleiche Sprache sprechen und die gleiche Haltung mitbringen, braucht das Personal dafür eine gute Begleitung, so-genannte Fachberater, von außen. Wenn diese Weichen gestellt sind, können unterschiedliche fachliche Kompetenzen eine echte Bereicherung sein – auch für das Team, aber vor allem für die Kinder.

 

Exkurs:

In 75 Prozent der Kitas arbeiten pädagogische Fachkräfte mit speziellen Zusatzqualifikationen. Die meisten von ihnen haben spezifische Qualifikationen zur Sprachbildung oder -förderung sowie zur Integration von Kindern mit (drohender) Behinderung.

Diese und weitere interessante Fakten zum Thema Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung finden Sie im „Zoom auf: Fachkräfte“ des Onlineportals Frühe Chancen.