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Eine Befragung von Kindern zeigt: Ihre Lieblingsorte im Kindergarten sind nicht immer dort, wo Erwachsene denken.

„Wo spielst Du gerne? Welchen Ort in der Kita möchtest Du uns zeigen?“ Das wurden Vier- bis Sechsjährige im Rahmen einer Studie zum Thema „Kita-Qualität aus Kindersicht“ (QuaKi-Studie) gefragt. Schon die Fragestellung verdeutlicht das Besondere an der Untersuchung des Berliner Instituts für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration für Qualität vor Ort: Es waren keine Erwachsenen beteiligt, die stellvertretend für die Kinder sprachen. Stattdessen basieren die Studienergebnisse allein auf der Sicht der Kinder.

Was zeigt die Quaki-Studie uns Eltern hinsichtlich der räumlichen Gestaltung?

Ziel der Studie war es, herauszufinden, welche Aspekte eine Kita für Jungen und Mädchen zu einer guten Kita machen. Dazu besuchten die Forschenden Kindertageseinrichtungen und ließen sich von Kindern zeigen, was sie an ihrer Einrichtung besonders mögen. Aus den Beobachtungen, Gesprächen, Gruppendiskussionen, Fotos und Kinderzeichnungen leiteten sie zehn Dimensionen für Qualität in Kitas ab. Das Ergebnis: Kinder im Kita-Alter wünschen sich die richtige Balance zwischen verlässlichen Strukturen, Anerkennung ihrer Individualität und dem ungestörten Spiel mit Gleichaltrigen.

Rund-um-Kita nimmt die räumliche Gestaltung genauer unter die Lupe: Welche Orte drinnen und draußen sind Kindern im Kita-Alter besonders wichtig und warum?

Am Ende jedes Abschnitts formulieren wir Fragen, die Eltern sich oder ihren Kindern stellen können, um bei der Gestaltung des Lebens- und Wohnumfelds noch besser auf die Wünsche und Bedürfnisse der Jüngsten einzugehen.

 

Kitaführung von Kindern für Erwachsene

Um im Rahmen der Quaki-Studie herauszufinden, wo sich die Jungen und Mädchen am liebsten aufhalten, nutzten die Forschenden eine kindgerechte Erhebungsmethode. Sie ließen sich von den Kindern durch die Innen- und Außengelände ihrer Einrichtungen führen, machten auf deren Aufforderung Fotos und zeichneten deren Erzählungen dazu auf. So fanden sie nicht nur heraus, welche Orte in und um die Kita den Kindern wichtig sind, sondern auch warum:

Hier spiele ich gerne mit der Kugelbahn. (© DKJS/P.Chiussi)

1. „Hier bin ich ganz in meinem Element“

Die Kinder führten die Forschenden an ganz verschiedene Orte, die doch eins gemeinsam hatten: Sie waren dort die „Spezialisten“, kannten sich gut aus oder konnten ihre Vorlieben und Kompetenzen dort ausleben.
Ob Fußballplatz, Bastelraum oder Bau-Ecke – Kinder fühlen sich überall dort besonders wohl, wo sie ihr Können zeigen und sich als selbstbestimmte Akteure erleben können.

? Kennt sich mein Kind in seinem Lebensraum gut aus? Wo kann es bestimmten Beschäftigungen am besten nachgehen? Hat es einen „Lieblingsort“ drinnen oder draußen? Warum mag es diesen Ort so gerne?

 

2. „Hier bin ich zu sehen“

Bei den Kita-Führungen zeigten die Kinder gerne Wandcollagen von sich, ihren Freunden oder Aktivitäten. Stolz präsentierten sie den Forschenden ihre Fotos oder selbstgemalten Bilder, die in den Räumlichkeiten immer so aufbewahrt oder ausgestellt wurden, dass sie den Kindern jederzeit selbst zugänglich waren.
Geburtstagswände und Dokumentationen im wahren Wortsinn auf Augenhöhe oder sogar mit einer Sitzgelegenheit davor laden die Kinder zum Verweilen und Erzählen ein. Die Sichtbarkeit und freie Zugänglichkeit von Bildern und Fotos der Kinder zeigt deren Wertschätzung durch die Erwachsenen.

? Wo und wie ist mein Kind zuhause mit seinen Fotos, Zeichnungen, Gebasteltem oder Gebautem präsent? Hat es jederzeit Zugang zu Bildern, die ihm wichtig sind, um sie selbst anschauen oder jemandem zeigen zu können?

 

Wenn ich hier stehe, komme ich überall dran. (© DKJS/P.Chiussi)

3. „Hier kann ich selbst entscheiden“

Als besonders „praktisch“ präsentierte ein Mädchen eine Sitzgelegenheit auf der Kita-Terrasse. Dort, erklärte es, könne es selbst bestimmen, ob es erst frühstückt und dann draußen spielt oder umgekehrt. Andere Kinder zeigten den Forschenden frei zugängliche Spiel- und Bastelmaterialien oder Tafeln, auf denen sie ihr Mittagsmenü selbst zusammenstellen konnten.
Die Gestaltung eines Raumes oder eines Außenbereichs legt eine besondere Nutzung nahe – oder eben nicht. Attraktiv sind Orte für Kinder immer dann, wenn sie dort selbstständig entscheiden und agieren können.

 ? Hat mein Kind die Möglichkeit, unsere Räume oder Außenbereiche vielseitig zu nutzen? Hat es freien Zugang zu allen (sicheren) Materialien, die es zum Spielen benötigt und kann damit unabhängig von uns Eltern agieren? 

 

4. „Hier kann ich ‚wild‘ sein“

Viele Jungen und Mädchen hielten sich im Beisein der Forschenden gerne in Räumen oder Außenbereichen auf, die weder Möbel noch Spielgeräte hatten. Sie nutzten zum Beispiel mit Begeisterung einen leeren Verbindungsraum zum ungestörten „Mattenwerfen“ oder einen sandigen Abhang im angrenzenden Wald zum Klettern und Rollen.
Kinder schätzen es, wenn sie den gesamten Raum erleben, sich frei bewegen und ihre körperlichen Grenzen austesten können.

? Wann und wo (drinnen oder draußen) kann sich mein Kind spontan und raumgreifend bewegen? Lasse ich es zu, dass es sich auch in „gefährlichen“ Situationen erprobt? Welche Befürchtungen habe ich, wenn ich den Bewegungsdrang meines Kindes bremse oder reguliere?

 

Hier kann ich mich austoben. (© DKJS/P.Chiussi)

5. „Hier sind wir unter uns“

Häufig lotsten die Kinder die Forschenden zu versteckten Orten, an denen sie sich unbeobachtet und ungestört fühlten: Ein höhergelegenes Podest im Raum, ein Ruhezimmer oder eine versteckte Ecke im Garten.
An solchen „geheimen Orten“ können sie sicher, aber ohne Eingreifen durch das Personal mit ihren Freunden spielen, forschen, ihrer Fantasie freien Lauf lassen oder sich einfach nur ausruhen.

? Hat mein Kind auch einen „geheimen Ort“ zuhause, im Garten oder in der Umgebung? Lasse ich ihm ausreichend Zeit, sich dort intensiv in sein Spiel zu vertiefen, auch wenn ich es dabei nicht immer im Blick habe?

 

6. „Hier darf ich ausnahmsweise auch mal sein“

Räume, die nicht unbedingt für Kinder vorgesehen sind, wurden bei den Kitaführungen ebenfalls gerne gezeigt. Dazu gehörten beispielsweise die Küche, der Waschkeller oder das Büro der Leiterin. Bei dieser Gelegenheit präsentierten die Kinder einer Kita auch einen Küchenwagen, auf dem sie als „blinde Passagiere“ mitfahren durften.
Die Kinder erleben den freien Zugang zu allen Räumen der Einrichtung und die dort erlebten Ausnahmen von der Regel als etwas ganz Besonderes.

? Sind alle Räumlichkeiten in und um unser Zuhause frei zugänglich? Wo dienen eventuelle Einschränkungen eher meiner Bequemlichkeit als dem Schutz des Kindes? Welches Mobiliar kann mein Kind bespielen und welches könnten wir noch dafür „freigeben“?

 

„Nicht-pädagogisierte“ Orte am attraktivsten

Die QuaKi-Studie zeigt, dass es aus Kindersicht nicht die ideale Kita-Ausstattung gibt. Je nach Interesse und Fähigkeit hat jedes Kind einen anderen Lieblingsort im Kindergarten. Die Beschaffenheit oder materielle Ausstattung der Außen- und Innenbereiche spielt dabei weniger eine Rolle als das, was die Kinder an diesen Orten tun oder lassen können. Besonders beliebt bei den Vier- bis Sechsjährigen sind demnach die „nicht-pädagogisierten“ Orte. Diese sind zwar geschützt, erlauben aber ein freies und selbstbestimmtes Spiel – ohne Erwachsene.