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Gute Kinderbetreuung für Kinder von Alleinerziehenden – wie sieht das aus?

Muss man das denn überhaupt so fragen? Sind Kinder von Alleinerziehenden anders? Gute Kinderbetreuung steckt ja Kinder auch nicht in Schubladen. Darf oder soll man also überhaupt gezielt gucken, was Alleinerziehende und ihre Kinder brauchen? Ich sage: Ja, man muss das sogar tun, wenn man ihren Bedürfnissen gerecht werden will. Aber bitte ohne Stigmatisierung – denn die besonderen Herausforderungen, denen sich Alleinerziehende gegenübersehen, machen es ihnen schon schwer genug.

Alleinerziehende arbeiten mehr Stunden als Mütter in Paarbeziehungen (durchschnittlich 29,5 Wochenstunden), sie müssen Hausfrau und Ernährerin zugleich sein, und oft haben sie keine Familie vor Ort, die helfend einspringt. Über die Hälfte der Alleinerziehenden erhält keinen Unterhalt fürs Kind, weitere 25 Prozent nur selten oder zu wenig davon, und genau in diesen Fällen ist es oft so, dass sich auch der Vater des Kindes zurückgezogen hat und keine Hilfe darstellt. Für alles im Leben eines Kindes alleine verantwortlich zu sein, ist anstrengend. Es mangelt also vielen Alleinerziehenden an Geld und an Unterstützung: 42 Prozent leben über Jahre an der Armutsgrenze, sodass sie nicht mal eben einen Kindersitter einstellen können, um ins Kino zu gehen (Luxus) oder einen Elternabend zu besuchen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass Alleinerziehende ein besonders hohes Burn-Out Risiko haben, und dass ihre Kinder unter der Belastung der Mütter indirekt leiden.

Deswegen ist es gut und richtig, dass Kinder von Alleinerziehenden auf den Wartelisten von Kindergärten und Krippen nach oben rutschen, am besten durch ein zentrales Wartelistensystem für alle Kitas, so wie wir es in Konstanz haben, mit fairer, transparenter Gewichtung der Gründe, warum ein Kind einen der begehrten Ganztagesplätze bekommen sollte. Randzeiten, die gerade für Mütter im Einzelhandel oder in den Pflegeberufen zum Job gehören, sollten über Angebote des Jugendamtes mit abgedeckt werden. Leider ist dies für die Ämter kaum zu organisieren mangels Tageseltern, die zu just diesen Randzeiten arbeiten wollen. Und so bleibt es meist den Eltern überlassen, diese Betreuung zu finden – aber trotzdem ist gezielte, finanzielle Förderung der Randzeitenbetreuung eine große Hilfe für Frauen, deren Arbeitszeiten durch normale Kindergartenzeiten von 7-17 Uhr nicht ausreichend abgedeckt sind.

Bezahlbarkeit der Kinderbetreuung ist speziell für Alleinerziehende wegen der verbreiteten Geldnot ein wichtiger Punkt: Die Übernahme dieser Kosten durch das Sozial-und Jugendamt für Wohngeldempfänger und die Möglichkeit, bei geringem Einkommen für den Kitaplatz Zuschüsse zu erhalten. Diese Zuschüsse können einkommensschwache Eltern auch für die Ferienprogramme beantragen, bei denen Kinder berufstätiger Mütter und Alleinerziehender ebenfalls bevorzugt werden, denn 14 Wochen Schulferien zu überbrücken, ist sogar mit zwei Elternteilen ein ziemlicher Spagat.

Neben Geld- herrscht bei Alleinerziehenden auch oft Zeitnot, sodass Kooperationen der Kita mit speziellen Fördereinrichtungen oder der Musikschule ein großes Plus sind, z.B. wenn Psychomotorik für ausgewählte Kinder und musikalische Früherziehung innerhalb der Einrichtung angeboten werden. Alleinerziehende profitieren davon doppelt: Diese Kurse werden häufig gefördert oder sind sogar komplett kostenlos und extra Fahrtzeiten muss die Alleinerziehende auch nicht einplanen. Denn gerade Kinder Alleinerziehender, die von Armut betroffen sind, lernen seltener Musikinstrumente und haben eher Defizite in der Motorik und auch im sprachlichen Ausdruck als andere Kinder. Gezielte Förderung, wohlwollend und niedrigschwellig, ist hier enorm hilfreich.

Was ich mir noch wünschen würde? Mehr männliche Erzieher, denn 90% der Alleinerziehenden sind Frauen, deren Kinder männliche Bezugspersonen dringend brauchen. Und Elternabende entweder mit Kindern oder zu einer Zeit, zu der die Alleinerziehenden es auch einrichten können, zu veranstalten. Oder zumindest herumzufragen, wie es den Eltern denn passen würde, denn bei Paarfamilien kann es ja zumeist wenigstens ein Elternteil irgendwie einrichten, dort teilzunehmen. Und geöffnete Kitas auch am Samstag, wo Alleinerziehende entweder arbeiten müssen oder mal den Haushalt in Ruhe erledigen könnten. Aber das ist zumindest in meiner Stadt noch Zukunftsmusik…

 

 

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